Der Brief Die Aufführung  

Quarz

Seit über 30 Jahren bin ich auf der Suche nach Kristallen. Der Quarz, das Urgestein der Bergkristalle, ist mein Lieblingsmineral. In meiner Privatsammlung sind zu 90 % Bergkristalle ausgestellt, kleine und grosse, Einzelspitzen und Gruppen, helle, wasserklare, rauchige (Rauchquarze), dunkle (Morione), Fadenquarze, Fensterquarze, Nadelquarze und Phantomquarze. Ich bin den Kristallen verfallen.
Das Binntal war während Jahren mein Lieblingsgebiet, seit 10 Jahre habe ich andere Gebiete aufgesucht. Vor 3 Jahren zog es mich wieder ins Binntal zurück. Die Gletscher hatten sich in den heissen Sommern weit zurückgezogen und so Strahlerneuland freigegeben. Das war der Grund, warum ich mich entschlossen hatte, die Randzone des Gischigletschers aufzusuchen. Ich kannte dieses fündige Gebiet von früher her. Also machte ich mich auf den Weg ins Binntal. Ich fuhr mit dem Auto bis zuhinterst ins Lengtal. Von dort aus begann der mühsame und lange Weg das Chriegalptal hoch. Eine unvergessliche Morgenstimmung lag über der Helsenhorngruppe, im Hintergrund erwachten die geröteten Gipfel der Berner Alpen. Wie ein Riesenquarz erhob sich der Turm, welcher die Gebiete Wanni-und Gischigletscher voneinander trennt. In solchen Momenten ist man mit sich und der Welt im Einklang.
Nach einem ca. 3 1/2 stündigen Aufstieg war ich am Ziel, am Gischigletscher. Nun beginnt das minutiöse Suchen nach Quarzadern, nach Rissen und Spalten. Es hat davon viele, aber sie sind alle leer, ausgebeutet von Strahlern, die schon vor mir mit der gleichen Absicht hierher gekommen waren. Auch die vom Gletscher freigegebenen Felsen waren abgesucht, selbst unter der Eisdecke glotzen mich leere Taschen an. Ich vermute, dass der Gletscher schon einmal vor Jahrhunderten diese Zone freigegeben hatte.
Inzwischen war es Nachmittag geworden. Mit den nachlassenden Kräften schwand auch die Hoffnung auf Erfolg. Ich entschied mich zum Abstieg. Da, plötzlich da funkelt's, ein kleiner Kristall blinzelt aus einer engen Spalte, ein glasklarer Zepterquarz, klein aber wasserklar. Dieser Stelle widmete ich nun die nächste Stunde. Nur mit einem dünnen, langen Häklein (Stocher) gelang es mir, 26 Zepterquarze herauszufischen. Ich packe die Kleinodien sorgfältig ein und mache mich auf den Heimweg. Zuhause bekommen die kleinen Schätze ein frisches Bad. Jetzt erst erkenne ich die hervorragende Qualität, die Formvielfalt und den diamantenen Glanz dieser Juwelen. Nun prahlen sie in meiner Sammlung und schicken sich an, den andern Quarzstufen den Rang streitig zu machen

Kurt Loretan, Strahler


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